Die Geschichte beginnt am 12. März 1917, mitten im Ersten Weltkrieg, einen Tag nach dem Ausbruch der Meuterei russischer Soldaten in Petrograd und der Einnahme Bagdads durch britische Truppen. An diesem Montag gründete die Basler Handelsbank (BHB) eine Firma mit dem nüchternen Namen Verwaltungs-, Revisions- und Treuhand AG mit Sitz in Basel. Aus dieser Urzelle ist, nach zahlreichen Mutationen und Fusionen, die heutige EY Schweiz hervorgegangen.
Obwohl der Gründungsakt mitten in die Zeit des Ersten Weltkriegs fiel, war er keineswegs eine Antwort auf den Krieg. Im Gegenteil, die Basler Handelsbank reagierte auf einen Trend, der bereits in Friedenszeiten eingesetzt hatte, als eine Schweizer Grossbank nach der anderen ins Revisions-, Verwaltungs- und Treuhandgeschäft einstieg. Der Schweizerische Bankverein (heute UBS), der grosse Rivale auf dem Finanzplatz Basel und gleich gegenüber von der Basler Handelsbank gelegen, war 1906 vorangegangen mit der Gründung der Schweizerischen Treuhandgesellschaft (STG).
Auch in Zürich war bereits vor dem Krieg das Gründungsfieber ausgebrochen. Auf Initiative einer Gruppe von Banken und „privaten Kapitalisten“ entstand 1910 die Zürcher Treuhand-Vereinigung, die sich später in Fides Treuhand-Vereinigung Zürich umbenannte und 1928 von der Schweizerischen Kreditanstalt (heute CS) übernommen wurde. Heute ist sie im Verbund der KPMG. 1912 wurde ausserdem die Schweizerische Revisionsgesellschaft AG Zürich (später Revisuisse) von der Bank in Winterthur (heute UBS), der Aargauischen Creditanstalt und einigen weiteren Banken gegründet.
Die Idee der Grossbanken war, dass sie über diese Gesellschaften ihre Kunden besser überwachen konnten. Revision, Beratung und Treuhanddienste gaben ihnen die Möglichkeit, Einblick in die Geschäftsbücher zu nehmen, die Bonität der Kreditnehmer einzuschätzen und Zugang zu neuen Geschäften zu eröffnen. Heute ist diese Praxis völlig undenkbar. Aber damals gab das Eigeninteresse der Grossbanken den entscheidenden Anstoss zur Entstehung einer neuen Dienstleistungsbranche in der Schweiz, die bis in die 1990er-Jahre von den oben erwähnten vier Gesellschaften dominiert wurde: STG (Bankverein), Fides (Schweizerische Kreditanstalt), Revisuisse (Bankgesellschaft) und ATAG (Basler Handelsbank). In der jüngsten Zeit verschwanden diese Namen als Folge von Fusionen mit den führenden internationalen Gesellschaften. STG und Revisuisse sind heute Teil von PWC, Fides gehört zu KPMG und ATAG zu EY Schweiz. Nur Deloitte, die auch zu den „Big Four“ der Welt gehört, konnte ohne Fusion mit einer grossen schweizerischen Gesellschaft im hiesigen Markt Fuss fassen.
Blickt man über die Schweizer Grenze hinaus, zeigt sich, dass selbst der Bankverein mit seiner Gründung von 1906 ein Nachzügler war. In England gab es seit Jahrzehnten Firmen, die Buchhaltungs- und Prüfungsdienste anboten. 1849 wurde die „Accounting Firm“ Harding & Pullein gegründet, aus der später die EY hervorging. In England gab es auch seit Langem das Institut des „Trustee“ als Vermögensverwalter. Amerikanische „Trust Companies“ waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Firmen, die Vermögen verwalteten, bündelten und anlegten. Wie heute waren die angelsächsischen Finanzplätze damals viel dynamischer als die kontinentaleuropäischen.
An diesem Geschäftsmodell orientierte sich die erste bekannte Treuhandgesellschaft im deutschsprachigen Raum, die 1890 von der Deutschen Bank und der Bank Jacob Stern gegründet wurde. Die Deutsche Treuhand-Gesellschaft (DTG) vertrat Interessen von Anlegern und besorgte den regelmässigen Einzug von Dividenden auf ausländische Aktien für deutsche Besitzer. 1900 erhielt die DTG (heute Teil der KPMG) von Pfandbriefgläubigern das Mandat zur Prüfung der Vermögens- und Ertragslage von Hypothekarbanken, die wegen Bilanzdelikten in Bedrängnis geraten waren. Daraus entwickelte sich ein neuer Geschäftszweig: die Revision. Später kamen die Wirtschafts- und die Steuerberatung dazu. Die Verbindung von Revision und Treuhand war typisch für Deutschland. Im angelsächsischen Raum hingegen blieben die Professionen stets getrennt in „Trustee“ und „Accountant“.
In der Schweiz hat man mehr oder weniger direkt die DTG kopiert. Als er die STG gründete, gab der Bankverein unumwunden zu, er tue dies „[i]n der Absicht, eine im schweizerischen Geschäftsleben fühlbare Lücke auszufüllen“, und übernahm nicht nur den Namen, sondern schrieb auch das Geschäftsprogramm fast wörtlich von jenem der Deutschen Treuhandgesellschaft ab.
Die Buchprüfung hatte sich auf dem Kontinent weit weniger entwickelt als im angelsächsischen Raum. Dies hat weniger mit der Vorreiterrolle Englands in der Industriellen Revolution zu tun als mit dem englischen Finanzierungssystem. In England spielte der organisierte Kapitalmarkt im 19. Jahrhundert eine grössere Rolle als auf dem Kontinent. So bestand schon früh das Bedürfnis, die Informationsasymmetrie zwischen Investoren und den Managern zu verringern. Seit Mitte des Jahrhunderts mussten Bilanzen privater Aktiengesellschaften jährlich veröffentlicht und von mehreren Revisoren, deren Titel „chartered accountants“ Ende des 19. Jahrhunderts staatlich geschützt wurde, geprüft werden. Einer dieser Prüfer musste dabei von den Aktionären gewählt werden.
In der Schweiz war die Situation eine völlig andere. Erstens war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Nachfrage nach Grosskapital kleiner, da die industrielle Entwicklung zunächst auf dem anfänglich wenig kapitalintensiven Textilsektor beruhte. Zweitens finanzierten sich Unternehmen stärker über eigene Gewinne und Kredite ihrer Hausbank als über den privaten Kapitalmarkt. Als Gläubiger oder Investor hatten die Banken andere Methoden, einen Einblick in die finanzielle Situation eines Unternehmens zu gewinnen als über geprüfte Bilanzen. Oftmals entsandten sie einen Vertreter in den Verwaltungsrat des Unternehmens, in das sie investierten.
Zwar gehörte nach schweizerischem Obligationenrecht von 1881 neben der Generalversammlung und dem Verwaltungsrat auch eine Kontrollstelle, die eine obligatorische Rechnungsrevision durchzuführen hatte, zur Aktiengesellschaft. Der Wert dieser Buchprüfungen hielt sich aber oftmals in Grenzen. Verantwortlich dafür war zum einen die schwache Transparenz in der Rechnungslegung. Da sie auf dem Prinzip der Höchstbewertung basierte, erlaubte sie implizit die Unterbewertung von Aktiven und somit die Bildung sogenannter „stiller Reserven“, über deren Bestand die Aktionäre nicht informiert werden mussten. Mit dem Höchstbewertungsprinzip wollte man fiktiven Bilanzen vorbeugen. Das Gesetz reagierte hier auf Bilanzfälschung im „Gründerboom“ in Deutschland und Österreich, der 1873 mit einem Börsenkrach geendet hatte. Die Wirksamkeit der Kontrollstelle war aber auch deshalb fraglich, weil die Revision rein kalkulatorisch und nicht materiell durchgeführt wurde; es wurde also nur geprüft, ob die Jahresrechnung korrekt aus den Geschäftsbüchern übertragen worden war, und meistens keine Kontrolle der Bewertung der Aktiven vorgenommen. Schliesslich mussten die Kontrollstell-Revisoren keine Fachleute sein, weshalb scheinbar Leute dieser Tätigkeit nachgingen, denen „das geistige Rüstzeug für die einwandfreie Ausübung des Berufes ganz fehlte“. So ist in einem NZZ-Artikel von 1911 der Fall eines als Rechnungsrevisor bestellten Aktionärs der Zürcher Handelsbank beschrieben, der sich nicht zutraute, den Revisionsbericht für das Jahr 1907 zu unterzeichnen, da er „zu wenig Bankfachmann“ sei. Experten bemängelten ausserdem, dass die Kontrollstelle de facto von der Verwaltung abhängig sei und allzu oft nur als „Sprungbrett für die Mitgliedschaft des Verwaltungsrats“ aufgefasst wurde.
Die unübersichtliche Situation war typisch für eine junge Branche. Es fehlte an Standards, an Sanktionsmöglichkeiten, an Ausbildungskursen. Um dem Missstand der ungebildeten Revisoren entgegenzutreten, wurde 1913 mit dem „Verband schweizerischer Bücherrevisoren“ der erste Berufsverband für selbstständige Revisoren gegründet. Neubewerber mussten sich für die Mitgliedschaft einer Fachprüfung unterziehen. Die Revisionsbranche begann, sich langsam Respekt zu verschaffen.
Die ersten Jahre der Verwaltungs-, Revisions- und Treuhand AG waren überaus bescheiden. Als Geschäftslokal dienten Räumlichkeiten der Basler Handelsbank (BHB) an der Freien Strasse 90 in Basel. Das Aktienkapital der neuen Gesellschaft betrug 1’000’000 Franken, 915 der insgesamt 1000 Namensaktien gehörten der Handelsbank. Die restlichen 85 wurden als Pflichtaktien auf die drei Verwaltungsratsmitglieder und auf die beiden Kontrollstell-Revisoren der Gesellschaft sowie einige andere der Handelsbank nahestehende Personen verteilt. Darunter der Gründer des Chemieunternehmens Hoffmann-La Roche, Fritz Hoffmann, der mit BHB-Präsident Rudolf Albert Koechlin-Hoffmann verschwägert war.
Im dreiköpfigen Verwaltungsrat des Instituts sassen Dr. Alfred Wieland-Zahn (Verwaltungsratsmitglied bei der BHB), August Morel-Vischer (Delegierter des Verwaltungsrats bei der BHB) und Emil Frey (Direktor bei der BHB). Als eine seiner ersten Handlungen bestimmte das Gremium Alfred Wieland-Zahn zum Präsidenten. Der Armee-Oberst, Notar und Grossratspräsident hatte auch einen Sitz in den Verwaltungsräten des Chemieunternehmens Geigy, der Seidenverarbeitungsfirma Schappe Basel, der BHB-Tochter Indelec und später der Roche. Zum ersten Direktor der Gesellschaft wählte der Verwaltungsrat Josef Kaufmann aus Ballwil, den er mittels Zeitungsannonce rekrutieren konnte. 1923 wurde Kaufmann zum Delegierten des Verwaltungsrats gewählt.
Der Gesellschaftszweck der Verwaltungs-, Revisions- und Treuhand A.G. wurde im Handelsregister des Kantons Basel-Stadt folgendermassen beschrieben: „1. Die Gründung und Führung von Syndikaten, Konsortien, Gesellschaften, usw.; 2. die Übernahme von Überwachungs- und Revisionsfunktionen jeder Art, insbesondere Prüfung von Bilanzen, Abrechnungen, Inventuren, Büchern, usw.; 3. Die Übernahme von Vermögensverwaltungen, Liquidationen jeder Art, Willensvollstreckungen, Pfandhalterfunktionen, usw.; 4. Bank- und Finanzgeschäfte, mit Ausnahme der Gewährung von Blanko-Krediten, 5. Die Errichtung von Zweigniederlassungen und Agenturen und Beteiligung an andern Unternehmungen.“
Aus diesen fünf Punkten bildete die Revision in den 1920er-Jahren die hauptsächliche Tätigkeit. Dazu gehörten neben dem Durchführen des Kontrollstellenmandats bei Aktiengesellschaften beispielsweise auch periodische Revisionen, die Organisation von Buchhaltungen oder die Einrichtung von industriellen Betriebskalkulationen. Zwar wurden bereits 1927 im Verwaltungsrat die vor allem in Zürich vorhandene, grosse Konkurrenz und die schlechten Verdienstmöglichkeiten im Bereich Revision besprochen. Verwaltungsrats-präsident Wieland wollte dieses Geschäft aber nicht reduzieren, „weil dabei eine Reihe von anderen Fragen zur Sprache kommen (sic!), und damit der Klient dauernd, d.h. auch für andere Zwecke als Revision, der Treuhand erhalten bleibt“.
Obwohl im Gründungszweck der Gesellschaft nicht aufgeführt, entwickelte sich auch die Steuerberatung seit dem ersten Geschäftsjahr zu einem wichtigen Feld. Im Zuge der im Ersten Weltkrieg angestiegenen Staatsausgaben war der schweizerische Fiskalstaat entscheidend erweitert worden. Die 1916/1917 erhobene Kriegssteuer und verschiedenen Kantons- und Gemeindesteuern waren aus Sicht des Treuhandinstituts „zu einem so komplizierten und manchmal inkongruenten Gebilde ausgewachsen, dass der Geschäftsmann nur schwer darin sich zurecht finden [konnte]“ und gerne externe Beratung in Anspruch nahm.
Ein drittes grosses Betätigungsfeld der Zwanzigerjahre war die Beratung zur Gründung oder Reorganisation von Firmen, meist Aktiengesellschaften. Dies hing damit zusammen, dass die Gesellschaftsform der AG im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts einen Boom erlebte; das Gesamtkapital der schweizerischen Aktiengesellschaften verfünffachte sich zwischen 1903 und 1931.
Die Vermögensverwaltung machte – an der Zahl der Aufträge gemessen – damals einen eher kleinen Teil aus. Durchgeführt wurde sie hauptsächlich unter der 1922 gegründeten Gesellschaft für Finanzierungen und Beteiligungen, einer Tochter mit Sitz in Chur. Daneben besorgte die Allgemeine Treuhand AG Geschäftsführungen, erbrechtliche Beratung und verdiente auch bald an Honoraren aus Verwaltungsratsmandaten.
In den ersten Jahren hielt sich die Verwaltungs-, Revisions- und Treuhand A.G. gezielt mit Reklame für ihre Firma zurück, da sie wegen der engen Beziehungen zur BHB genügend Aufträge hatte.Der vorteilhaften Auftragslage stand aber schnell das Problem des Personalmangels gegenüber. Zum einen machte sich 1917 noch der Militärdienst „störend fühlbar“, zum anderen mussten jüngere Mitarbeiter erst intern ausgebildet werden, was einige Zeit in Anspruch nahm. Auch wurde betont, wie schwierig es sei, tüchtige, selbstständige Revisoren zu finden, die man einstellen konnte.
Zum Personal- kam bald das Platzproblem. Schon im Dezember 1918 wurde diskutiert, dass die vorhandenen Räumlichkeiten bei der Handelsbank in Basel nicht mehr ausreichten, wenn man die Arbeitskraft der vorhandenen Belegschaft optimal ausnützen wolle. Die Konsequenz war der Umzug an den Aeschengraben 7 – eine Liegenschaft, die man 1920 von Adèle La Roche, der Witwe des im selben Jahr verstorbenen Gründungsaktionärs Fritz Hoffmann, erwerben konnte. Vier Jahre später wurde das Nachbargebäude am Aeschengraben 9 dazugekauft. Hier hat EY Schweiz noch heute seinen Hauptsitz.
Der anfänglich äusserst bescheidene Geschäftsumfang vergrösserte sich schnell. Die eingenommenen Honorare stiegen von 24’802 Franken im ersten Geschäftsjahr kontinuierlich auf 348’391 Franken im Jahr 1922 und verdoppelten sich bis 1930 auf 699’715 Franken. Der Gewinn aus dem ersten Geschäftsjahr (9537 Franken) konnte innert dreier Jahre mehr als verdreifacht werden. Die Dividende wurde in dieser Zeit von 3,75 auf 8 Prozent erhöht und bis zum Zweiten Weltkrieg auf dieser Höhe belassen. Im Jahre 1920 konnte man mit Mitteln aus einem dazu eingerichteten Fonds die gesamte Belegschaft – damals 15 Personen – in die Pensionskasse der Basler Handelsbank einkaufen.
Einen kleinen Dämpfer erlebte die „Treuhand“, wie man die Firma nach ihrer Umbenennung 1919 in Allgemeine Treuhand AG intern nannte, in der Krise der Jahre 1920 bis 1923. Eine kurze, aber heftige Rezession hatte die Schweiz erfasst und führte zu einer Arbeitslosigkeit von über acht Prozent. Anfänglich sprach man bei der „Treuhand“ von einem positiven Einfluss der Krise auf den Geschäftsgang. Im Bericht zum Jahre 1921 hiess es, es sei „ganz naturgemäss, dass in Krisenzeiten, welche den Geschäftsmann und den Privaten in vermehrtem Masse vor ungewohnte und schwierige Entschlüsse stellen, diese Dienste [(einer Treuhandgesellschaft)] in noch weiterem Umfange beansprucht werden“. Bereits zwei Jahre später aber bemerkte der Direktor Josef Kaufmann, das Geschäft sei im Rückgang begriffen und „man habe das Gefühl, dass die Arbeiten für die Klienten möglichst eingeschränkt werden sollten, um nicht zu hohe Rechnungen stellen zu müssen.“ Immerhin musste man dank der angespannten Personalsituation keine Mitarbeitenden entlassen, wie es anscheinend bei der STG und der Fides der Fall war.
In diesen von der wirtschaftlichen Baisse gezeichneten Jahren bot sich der Allgemeinen Treuhand AG die Möglichkeit, zu expandieren. Schon 1918 hatte man im Verwaltungsrat diskutiert, eine zweite Filiale in der Genfer Niederlassung der BHB zu eröffnen. Nun aber richtete sich der Fokus auf Zürich, das sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegenüber Basel und Genf als wichtigstes Finanzzentrum durchgesetzt hatte. Auslöser war eine Anfrage der Fides Treuhand-Vereinigung. Diese schlug vor, sich mit der Allgemeinen Treuhand AG zusammenzulegen. Die Fides war im Besitz von Privatpersonen; ihr fehlten also, wie Josef Kaufmann vor dem Verwaltungsrat der Allgemeinen Treuhand AG ausführte, die Anlehnung an eine Grossbank und die „damit verbundenen Vorteile“. Kaufmann war anfänglich skeptisch in Bezug auf die Erweiterung der Gesellschaft – ob mit Fides oder ohne. Der Vorteil der Allgemeinen Treuhand AG bestand seiner Ansicht nach darin, dass sie klein war und deshalb ein besonders vertrauensvolles Verhältnis gegenüber den Kunden pflegen konnte. „Die Gefahr der grossen Ausdehnung liegt eben darin, dass man die Angestellten machen lassen muss, und dass die Intimität, wie sie die Allgemeine Treuhand A.G. mit ihrer Klientschaft aufrecht erhält, verloren geht,“ argumentierte er im Verwaltungsrat. Demgegenüber stand die Position des Präsidenten Wieland, der den Ausbau der Allgemeinen Treuhand AG befürwortete, auch weil er der vom Bankverein kontrollierten STG nicht ein Branchenmonopol ausserhalb der Stadt Basel überlassen wollte. Die „Treuhand“ könne der Handelsbank in Zürich gute Dienste leisten, so Wieland.
Mit der Fides traf man sich schliesslich mehrmals zu Verhandlungen. Die Direktoren beider Gesellschaften diskutierten die Möglichkeiten des Zusammenschlusses. Es kam nicht so weit. Die Schweizer Wirtschaft erholte sich, die Geschäfte der Fides liefen Ende des Jahres wieder besser und die Fusionsabsichten versandeten mit der anziehenden Konjunktur. Der Verwaltungsrat der Allgemeinen Treuhand AG war nun aber grundsätzlich der Meinung, „dass in Zürich etwas zu machen sei“, und beschloss einstimmig, selbst eine Zweigstelle in der Limmatstadt zu gründen. So bezog man am 1. November 1924 in Zürich die neue Filiale. Das Geschäftslokal war an der Bahnhofstrasse 20, im Gebäude der Basler Handelsbank.
In der Führung der Allgemeinen Treuhand AG – die Firma zählte 1930 46 Mitarbeiter – kam es Ende der 1920er-Jahre zu einigen Wechseln. Josef Kaufmann, der erste Delegierte des Verwaltungsrats, trat Ende 1927 aus gesundheitlichen Gründen aus der Geschäftsleitung zurück, blieb aber im Verwaltungsrat aktiv. Als 1934 Alfred Wieland-Zahn aus dem Verwaltungsratspräsidium ausstieg, rückte Kaufmann nach und präsidierte das Gremium. Auf operativer Ebene wurden Dr. Manfred Hoessly, Dr. Otto Pinösch und Ernst Wälti zu Direktoren mit Zeichnungsrecht für die Sitze Zürich und Basel gewählt.